Wenn denn Schöpfung im höchsten Sinne die Ordnung des Urchaos war, ist dann kein Durcheinander mehr erlaubt?! Natürlich nicht. Nicht erst die Chaosforschung hat erkannt, dass die Ordnung im scheinbar Ungeordnetem schlichtweg nur nicht erkannt wird. Außerdem will der Mensch beides. Totale Ordnung ist neurotisch und totalitär, totale Unordnung haltlos und beliebig.
Schöne oder interessante Objekte dürfen also weder dem einen noch dem anderen Extrem angehören, sie müssen irgendwo dazwischen liegen. Ordnung allein wird schnell langweilig, Chaos dagegen verwirrt uns.
………………………….
Raster
Ein Blick auf die Stadtpläne gewachsener, meist mittelalterlicher, und geplanter Städte verrät uns, wie unterschiedlich menschliches Sozialleben organisiert werden kann. Gewachsene Städte entwickeln sich meist ringförmig um wichtige Zentren herum, nehmen dabei Rücksicht auf topographische Gegebenheiten und später auch auf den immer wichtigeren Verkehr. Geplante Städte dagegen folgen einem strengen Raster. Stellvertretend für viele Idealstädte mag hier die schachbrettartige Stadtanlage stehen, die im antiken Rom gebräuchlich war. Das Grundelement bildete das Achsenkreuz zweier durchlaufender Hauptstaßen, des Cardo in Nord-Süd-Richtung und des Decumanus in Ost-West-Richtung.
Dadurch entstehen auch heute noch so genannten Stadtviertel, die in einzelne Parzellen, die insulae, unterteilt wurden, zwischen denen weitere parallele Straßen verliefen! Im Schnittpunkt der Achsen lag das Forum, ein großer Platz. Die Idee zu einer solchen Anlage war eng mit der Errichtung von Militärlagern verknüpft, die nicht selten zum Ausgangspunkt vieler Städte, zumal in den von Römern besetzten Gebieten wurden.
Es gibt zahlreiche Städte, die in der Absicht entstanden, eine ideale Stadt zu sein. Besonders im Barock wurden sie in kaum vorstellbaren Dimensionen nicht nur entworfen, sondern auch gebaut: Versailles, Karlsruhe …
Und erst die „neuen“ Staaten – Amerika, heute China… Stadtbaugeschichte ist ein weites Feld.
………………………….
Module
Wiederholungen ordnen, ob sie sichtbar sind oder nicht. Die Säulenordnungen der klassischen Antike legten die jeweiligen Poroportionen und Abstände von wiederkehrenden, und stilbildenden Elementen, eben den Säulen fest.
Allgemein wird in der Architektur und bei der Untersuchung archäologischer Befunde ein gemeinsames Grundmaß, das den Abmessungen eines Gebäudes oder einer Anlage zugrunde liegt, so dass alle Abmessungen sich als Vielfache dieses Grundmaßes ausdrücken lassen, Modul genannt. In Archäologie und Kunstgeschichte spricht man auch oft von Baumaß. Ein sehr verbreitetes Maßverhältnis war der goldene Schnitt, den Vitruv in seiner Architekturlehre schon vorstellt, und der bis hin zu Schinkel und Le Corbusier, der ihn zur Grundlage seines Modulors machte, Bedeutung behielt.
In der japanischen Architektur wird oft die Tatami, eine Reisstrohmatte, mit der die Fußböden lückenlos bedeckt werden, als Modulor für die Proportionierung von Zimmern und Häusern verwendet.
Eine Mustersprache (engl. pattern language) ist eine Sammlung von Entwurfsmustern, also bewährten Verfahren zur Lösung typischer Probleme, die bei konstruierenden Tätigkeiten in einem bestimmten Anwendungsgebiet auftreten. Dabei werden im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt:
1. Es wird eine einheitliche Sprache aus Namen für Probleme und deren Lösungen definiert, um die Kommunikation zwischen Entwicklern zu erleichtern.
2. Unerfahrenen Entwicklern werden Problemlösungen für typische, immer wiederkehrende Entwurfsprobleme geboten. Sie können somit von Erfahrungen anderer profitieren.
Der Begriff wurde ursprünglich vom Architekten Christopher Alexander geprägt. In seinem an Laien gerichteten Buch A Pattern Language. Towns, Buildings, Construction stellte er 1977 die erste Mustersprache vor.
Heute werden Rasterweiten meist durch fertige Bauelemente und deren kostengünstigste Größe bestimmt. Eine Weite von etwa 1,30m wird als ökonomisch günstig angesehen.
Inzwischen wird der genormte Container auch in der Architektur immer interessanter! Die mobile Gesellschaft in Zeiten der Globalisierung übernimmt dessen Maße, um schnell den Ort wechseln zu können. Und das wird nicht nur für Katastropheneinsaätze und Studentenwohnungen, sondern auch für viele andere Aufgaben interessant.
………………………….
Symmetrien
Mit dem geometrischen Begriff Symmetrie (von griechisch syn (=zusammen) und metron (=Maß)) bezeichnet man die Eigenschaft, dass ein geometrisches Objekt durch bestimmte Umwandlungen auf sich selbst abgebildet werden kann.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Punkt- und Achsensymmetrien.
Die Achsensymmetrie (axiale Symmetrie, Spiegelsymmetrie) ist eine Form der Symmetrie, die bei Dingen auftritt, die entlang einer Symmetrieachse gespiegelt sind.
Die Punktsymmetrie (Zentralsymmetrie), ist eine Eigenschaft geometrischer Objekte. Ein geometrisches Objekt (z. B. ein Viereck) heißt (in sich) punktsymmetrisch, wenn es eine Punktspiegelung gibt, die dieses Objekt auf sich abbildet. Der Punkt, an dem diese Spiegelung erfolgt, wird als Symmetriezentrum bezeichnet. Obwohl eine solche Punktspiegelung einer Drehung um 180° entspricht, ist die Punktsymmetrie von der Drehsymmetrie zu unterscheiden. Sie bildet lediglich den Spezialfall einer Drehsymmetrie.
Dreidimensionale Objekte sind rotationssymmetrisch, wenn eine Drehung um jeden beliebigen Winkel um eine Achse (die Symmetrieachse) das Objekt auf sich selbst abbildet. Rotationssymmetrie um eine Achse wird auch als Zylindersymmetrie bezeichnet. Dreidimensionale geometrische Objekte mit dieser Eigenschaft nennt man auch Rotationskörper.
Bei zweidimensionalen Objekten gilt dies dementsprechend bei Drehung um einen Punkt. Diese Symmetrie wird auch als Dreh- oder Kreissymmetrie bezeichnet.
Unter einer Translationssymmetrie versteht man eine Symmetrie, die durch eine (Parallel-)Verschiebung entseht.
Aus der Möglichkeit, Symmetrieoperationen zu kombinieren, lassen sich die symmetrischen Grundoperationen herleiten:
- Identität (Null-Operation, keine Veränderung)
- Rotation (Drehung)
- Rotation – Inversion (Drehspiegelung)
- Translation (Verschiebung)
- Gleitspiegelung
Im 17. Jahrhundert ist die Symmetrie das Schönheitsideal Europas. Der Schloßpark in Versailles war Vorbild, und so nennen wir auch heute noch diese Art der Gärten „französisch“, im Unterschied besonders zum englischen Landschaftsgarten, der betont asymmetrisch und „natürlich“ wirken sollte. Ein kultivierter englischer Gentleman, Sir William Temple, machte sich 1685 interessante Gedanken zu diesem Thema:
„Es mag andere, ganz unregelmäßige Gartenformen geben, und sie könnten, soweit ich sehe, schöner sein als alle anderen; doch hätten sie diese Schönheit dann einer außerordentlichen natürlichen Lage oder einer großen Anstrengung der Phantasie zu verdanken, die zwar eine Anlage aus vielen unsymmetrischen Teilen entstehen läßt, welche als Ganzes dennoch sehr wohltuend wirken könnte. Ich habe mancherorts etwas davon gesehen; und mehr noch habe ich von anderen darüber gehört, die lange unter Chinesen gelebt haben, einem Volk, dessen Denkungsart von der unseren in Europa ebenso weit entfernt zu sein scheint wie sein Land.
Bei uns zieht die Baukunst und die Gartenkunst Schönheit vor allem aus bestimmten Proportionen, aus Symmetrie und Einheitlichkeit; unsere Wege und Bäume sind so ausgerichtet, daß sie einander in exakten Abständen antworten. Die Chinesen aber verachten diese Art der Anlage und sagen, daß jedes Kind in der Lage sei, Wege anzulegen mit schnurgerade ausgerichteten Bäumen, einer immer schön gegenüber dem anderen, und in jeder ihm beliebigen Länge und Ausdehnung.
Die größte Vorstellungskraft verwenden die Chinesen auf das Ersinnen von Figuren, deren Schönheit das Auge ganz besonders entzücken soll, obwohl es ihnen an jener Ordnung oder Komposition der Teile mangelt, die jedermann leicht erkennen könnte. Wir haben zwar kaum eine Ahnung von dieser Art Schönheit, aber die Chinesen besitzen sogar ein eigenes Wort, um sie auszudrücken. Wo sie ihnen auf den ersten Blick ins Auge fällt, sagen sie, das >Sharawadgi< sei schön oder bewundernswert, oder sie gebrauchen sonst einen Ausdruck der Hochschätzung.“
………………………….
Feng Shui
Feng Shui (chin. „Wind und Wasser“) ist ein in China begründeter Teil der daoistischen Philosophie. Ziel dieser Lehre ist eine Harmonisierung des Menschen mit seiner Umgebung, die durch eine besondere Gestaltung der Wohn- und Lebensräume erreicht werden soll. Der ältere Begriff für Feng Shui ist Kan Yu, eine Kurzform für den Begriff „den Himmel und die Erde beobachten“. Nach der traditionellen Vorstellung sollen mit Feng Shui „die Geister der Luft und des Wassers geneigt gemacht“ werden können.
Eines der traditionellen Anwendungsgebiete des Feng Shui in China ist die Planung von Grabstätten (Ahnenkult). Daneben hat Feng Shui auch die chinesische Gartenkunst maßgeblich geprägt. Die Prinzipien des Feng Shui können auch bei Zimmereinrichtungen, Hausarchitektur und Landschaftsgestaltung berücksichtigt werden. Die Raumgestaltung und Baugestaltung erfolgt nach verschiedenen Regeln, die sicherstellen sollen, dass sich sogenannte „verstockte Energien“ nicht in diesen Räumen festsetzen können und das Qi (andere Umschrift: Chi) frei fließen kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Energie im naturwissenschaftlichen Sinne.
Feng Shui basiert auf chinesischen Philosophiesystemen, wie der Yin-und-Yang-Lehre, den nach den Himmelsrichtungen ausgerichteten Acht Trigrammen sowie der Fünf-Elemente-Lehre. Seit einigen Jahren erfahren die Lehren des Feng Shui auch zunehmendes Interesse in der westlichen Architektur und Innenarchitektur – es ist auch eine Verschmelzung von westlichen Ideen der Esoterik mit Feng Shui zu beobachten.
………………………….
Freie Ordnungen
Nicht immer waren starre Raster erwünscht. Zeitweise kam ihre nachgerade totalitäre Gewalt sogar in ideologischen Verruf. Man bedenke nur den Übergang von der Architektur des Nationalsozialismus zur Baukunst der Nachkriegszeit. Starre Ausrichtungen wurden vermieden, Dimension auf ein verträgliches Maß reduziert.
Dennoch ist eine solche Gestaltung nicht regellos. Ähnlich der konkreten, also ungegenständlichen Kunst oder der Musik werden Bezüge und Strukturen geschaffen, die eine beliebige Anordnung verhindern. Oft sind es einfache Spielregeln, die für den gewünschten Zusammenhang sorgen:
- parallel, aber nicht gleich lang
- gleich lang, aber nicht parallel
- Bögen unterschiedlicher Länge, aber mit identischem Mittelpunkt
- Begrenzungen der Richtungen auf definierte Winkel
- Beziehung zwischen verlängerten oder durchlaufenden Linien und Flächen
- aus einer Grundform aufgespalten und unterschiedlich weit verschoben usw.
Auch eine gewisse Stetigkeit, das heißt Regelmäßigkeit kann für einen Zusammenhang sorgen. Übrigens taucht der goldene Schnitt in der Mathematik als stetige Teilung wieder auf! Einige Beispiele:
- stetige Wiederholung, regelmäßig oder nicht
- stetige Veränderung von Form und / oder Größe (z.B. Metamorphose)
- stetiger Wechsel zwischen Elementen und Dimensionen
- stetige Ausdehnung, stetiges Wachstum (siehe Fraktale)
- stetige Richtungswechsel usw.